Tag 1 Sylt bis Husum – Es geht los!
Ja wir haben den Plan! Wir werden mit dem Fahrrad Deutschland von Nord nach Süd durchqueren. Es soll Spaß machen und wird sicher manchmal weh tun! Es geht um die Freude am Radfahren und um die Menschen, denen wir begegnen.
Als Paartherapeutin sind es vor allem die Paare am Wegesrand, die mich interessieren.
Wir starten am 6.8.2018 in List auf Sylt. Genauer gesagt an der Spitze des Ellenbogens. Es ist kalt und extrem windig in diesem Jahrtausendsommer. Ganz Deutschland leidet unter Hitze und Trockenheit. Dennoch ist die Nordsee so, wie wir sie kennen und lieben, kalt, wild und unberechenbar.
So ein Anfang ist voller Zuversicht und Lust auf Abenteuer.
Müssen wir uns erst aneinander gewöhnen?
Wir kennen uns seit 1972 damals waren wir 5 Jahre alt, seit 1994 sind wir nicht mehr „nur“ Freundinnen, sondern auch noch Schwägerinnen und jetzt, seit 2018 sind wir gemeinsame Radreisende. Unser Fuhrpark besteht aus einem E-Bike und einem geliehenen Fahrrad.
Das E-Bike ist auf dem neuesten Stand der Technik, es sieht wunderschön aus und strahlt in weißem Glanz. Das geliehene Fahrrad kann auch ohne Strom weit fahren kann. Schließlich ist es das Fahrrad meines Bruders, der seit vielen Jahren damit zur Arbeit fährt. Das wird doch klappen!
Mein eigenes hat nur 8 Gänge und ist schwer wie ein Stahlross, da nehme ich sein Angebot natürlich DANKEND an.
Auf geht’s
Der Start ist holprig, schließlich spielt die Bahn die entscheidende Rolle, um von der Insel wieder runter zu kommen. Zunächst sieht alles gut aus. Wir erreichen Gleis 1 ohne einen der sowieso nicht vorhandenen Fahrstühle bemühen zu müssen.
Der Zug fährt ein. Schon gleich der erste Wagen ist mit dem Fahrradsymbol gekennzeichnet. Dieser rast an uns vorbei, es folgen keine weiteren Wagen mit Fahrradsymbolen. Wir stehen in der Mitte auf dem Bahngleis. Der Zug hält und auf dem Wagenschild vor uns steht Wagen 17. Wir können uns noch gut an das Fahrradsymbol auf Wagen 1 erinnern, dieser scheint jedoch unerreichbar.
Der Zug ist aus den 50er Jahren. Gab es damals überhaupt schon Fahrräder? Die Tür ist hoch über uns. Keinesfalls können wir das E-Bike in diesen Wagen heben. Er hat ja auch kein Fahrradsymbol. Dennoch ist es der einzige Wagen, der für uns erreichbar ist. Ich sehe den Zug schon ohne uns davon fahren.
Verzweifelt grinsen wir in Richtung Schaffnerin, die in etwa auf der Höhe des ersten Wagens steht. Ja genau, das ist der Wagen mit dem Fahrradsymbol.
Sie macht wilde Zeichen und wir deuten diese als Aufmunterung. Im Galopp schieben wir unsere Fahrräder über den Bahnsteig in Richtung Fahrradwagen. Der Zug wartet tatsächlich und wir erreichen schnaufend Wagen 1.
Die Schaffnerin beschimpft uns. Wir seien Schuld, dass es Verspätungen auf Sylt gäbe. Ich denke, sie überschätzt unsere Fähigkeiten. Trotzdem lässt sie uns einsteigen. Wir sind ja auch die einzigen Gäste des Zuges, neben einem weiteren Radreisenden.
Hoch ist auch dieser Wagen und schwer sind eigentlich beide Fahrräder mit den Packtaschen. Aber wir schaffen es und landen glücklich und immer noch munter in Klanxbüll!
Natürlich bedanken wir uns für die Fahrt mit der deutschen Bahn und hoffen auf die Rückreise am Ende der Tour. Dann geht es von Oberstdorf bis Hannover, da haben wir reserviert! Wir werden berichten.
Aber jetzt geht es erstmal weiter ohne die deutsche Bahn.
Paare am Wegesrand
Das erste Paar, dem wir auf unserer Reise begegnen ist das Vermieterpaar auf Sylt. Sie Französin, er Deutscher. Seit den 70er Jahren haben sie das Haus. Diesen Schluss lässt die Einrichtung auch zu.
Als wir von unserem Plan berichten, ist sie sofort begeistert. Ihre Augen leuchten, das sei früher ein Traum von ihr gewesen. Doch jetzt ist sie zu alt, sagt sie. Uns kommt sie gar nicht alt vor. Es ist wohl eher ihr Mann, der zu alt ist. Er hat es am Herzen. Auf Sylt geht es ihm gut, sonst fällt das Atmen schwer.
Seine Frau radelt los, ins Fitnessstudio, natürlich nicht ohne uns vorher eine gute Reise zu wünschen. Eine Postkarte aus dem Allgäu wünscht sie sich auch. Wir versprechen es und hoffen, dass wir das Versprechen auch halten können. Wir werden sehen.
Auf jeden Fall sind wir froh, dass wir diese Frau getroffen haben. Sie schenkt uns das Gefühl, dass es gut ist rechtzeitig Dinge zu tun, die eigentlich keinen Sinn machen. So wie unsere Reise von Nord nach Süd.
Wir sind 50 Jahre alt, lieben die Bewegung, wollen frische Luft und es gibt keinen einzigen Grund mit dem Fahrrad von Sylt bis ins Allgäu zu fahren.
Auf geht’s!
Zahlen Daten Fakten
Tag 1 von List auf Sylt bis Husum.
- 108 Kilometer
- 12 Kilometer Zug von Morsum bis Klanxbüll über den Hindenburgdamm (geht nicht anders)
- 24 – 25 Grad
- Wind von vorne
- 110 Höhenmeter
- Maximale Geschwindigkeit 26,6 Km/h