Tag 1 Berlin bis Flensburg – Abenteuer FlixBus

Tag 1 Berlin bis Flensburg – Abenteuer FlixBus

2. August 2019 0 Von Manuela

Bus ohne Fahrradanhänger

Ja, wir haben uns spät entschieden, diese Radtour zu wagen. Aber zeitlich passt es plötzlich zwischen meine Beratungstermine, auch das Wetter soll demnächst besser werden. Lediglich zwei Entscheidungen sind noch zu treffen:
Wie kommen wir an den Startpunkt nach Flensburg?
Und gibt es eine Unterkunft in Flensburg?

Beide Fragen sind schnell beantwortet. Eine Unterkunft findet sich nach intensivem Suchen und sie ist auch noch besonders günstig.
Nach kurzem Check auf der Webseite der Bahn ist klar, wir nehmen den Bus! Die Bahn ist wie immer zu teuer und es ist extrem umständlich ein Ticket inklusive Fahrräder zu bekommen. (Noch, denn laut Insiderin weiß ich jetzt, dass es demnächst besser wird! DANKE Nachbarin!)

Der FlixBus ist umstritten – ich weiß! Manche halten ihn gar für gefährlich. Ich bin mittlerweile bekennender FlixBus Fan (hier wird nicht gegendert, FanIn klingt einfach zu bescheuert!) Bis Bozen bin ich schon mitgefahren. Das waren 12 Stunden, die in der Schublade mit der Aufschrift „Abenteuer“ abheftet wurden. Warum soll ich also auf weitere Inhalte für diese Schublade verzichten?

Zuverlässig beginnt es dann auch abenteuerlich. Der Bus hat keinen Fahrradanhänger dabei. Der Busfahrer hat es eilig, denn er ist bereits 20 Minuten zu spät dran. Ich zeige ihm aufgeregt unser Ticket, auf dem zwei Personen und zwei Fahrräder vermerkt sind. Alle vier dort vermerkten Personen und Gegenstände wollen nach Flensburg und alle vier stehen jetzt empört vor ihm.

Natürlich sind wir vier nicht die einzigen, die etwas von ihm wollen. Sämtliche Mitreisewilligen stehen vor ihm, und es sind viele. Sie wollen so schnell wie möglich ihre Tickets vorzeigen und einsteigen. Nur so können sie sich den besten Platz sichern. Aber der Fahrer spricht nicht mit uns, stattdessen rennt er hektisch um den Bus herum auf die andere Seite. Ich denke er will mich ignorieren und folge ihm genauso hektisch. Das Gefühl im recht zu sein und selbstverständlich auch darauf bestehen zu wollen breitet sich in mir aus.

Auf der anderen Busseite öffnet der Fahrer wortlos das Gepäckfach und macht dabei eindeutige Zeichen in meine Richtung. Wir sollen, die Fahrräder in das Gepäckfach legen und zwar schnell, denn wir sind spät dran. „Mache, mache“ sagt er.
„Häh?“ frage ich, „das Fahrrad da rein?!“
„Mache, mache“ sagt er noch einmal und verlässt unwirsch den Schauplatz, denn auf der anderen Seite warten ja alle anderen. Wir werfen die Fahrräder unten hinein, zwischen das Gepäck der Mitreisenden, Putzeimer und diverse andere Gerätschaften.

Das erinnert mich an meine erste Fahrradreise durch die Türkei, damals 1991. Dort mussten wir auch immer wieder den Bus nehmen. Das Land ist riesig. Jedesmal kamen freundlich hektische Busfahrer und quetschen unsere Fahrräder zwischen allerlei anderes Gerät und Menschen. Ich habe diese Geschichte immer als Beispiel dafür erzählt, wie hilfsbereit und unkompliziert die Menschen in der Türkei sind. Nie hätte ich gedacht, dass sowas auch hier möglich ist. Ich bin begeistert.

Natürlich könnte an den Rädern etwas kaputt gehen und natürlich gibt es ordnungsgemäße und TÜV-zertifizierte Fahrradanhänger, auch für Busse. Aber wenn dieser Bus ohne auskommt, kommen wir es auch. Lieber jetzt mitfahren als perfekt verstaut auf den nächsten Bus warten.

Matthias kümmert sich darum, dass beide Räder so verstaut werden, so dass es ihnen – und uns – gut geht. Das ist pragmatisch, zielorientiert und hilfreich. JUHU. Es kann losgehen.

Fahrrad im FlixBus
Fahrrad im FlixBus

42 – die Antwort auf alle Fragen

Endlich ist alles verstaut und wir suchen einen Platz im Bus. Alle anderen sind natürlich schon drin und kein Zweiersitz ist mehr frei. Es gibt nur noch die Plätze, die neben einer anderen Person sind. Diese anderen Personen gucken beschäftigt zur Seite, tun so als würden sie schlafen oder legen schnell noch ihren Rucksack auf den Platz neben sich.

Ich kenne das und mache das auch sehr gerne, wenn ich zuerst dort sitze und sehe, dass noch jemand suchend durch den Bus schleicht. Jetzt fühlt es sich natürlich blöd an und ich nehme mir fest vor, beim nächsten Mal freundlicher zu sein. Eine junge Frau steht auf. Ich denke, sie will noch schnell etwas aus dem oberen Fach holen, um es auf den Sitz neben sich zu legen.
„Ich kann mich neben jemand anderen setzen, dann könnt ihr nebeneinander sitzen“ sagt sie.

Mit offenem Mund staune ich sie an. Sie lächelt. Ich staune weiter, dann lächle ich auch.
„Danke, das ist aber extrem nett“ sage ich und rutsche auf den Sitz ans Fenster.
„Ist doch logisch,“ sagt sie, „ich bin gerne nett.“
Wir grinsen alle drei. Mein Blick fällt auf die Sitznummer.

Es ist die 42! Genau! Nett, ist die Antwort auf alle Fragen. Wer jetzt ein Fragezeichen im Kopf hat, sollte unbedingt „Per Anhalter durch die Galaxis“ lesen.

Die griechische Serviette

Nach 6 1/2 Stunden Fahrt kommen wir fast pünktlich und ohne weitere Zwischenfälle in Flensburg an. Auch unsere Fahrräder kommen wohlbehalten aus dem Gepäckfach. Die Unterkunft liegt ca. 10 Kilometer außerhalb von Flensburg in Handewitt. Es geht bergauf, direkt an der Flensburger Bierbrauerei vorbei. Das riecht man.

Der Radweg führt an der Bundesstraße entlang, es beginnt leicht zu regnen und wir haben Hunger. Aber sonst geht es uns gut. Bewegung ist genau das richtige, nach dem langen Sitzen im Bus. Es ist ein bisschen anstrengend aber nicht zu sehr. Vorfreude auf unsere gemeinsame Zeit macht sich breit.

Unsere Unterkunft ist groß und sauber und, wie schon erwähnt, extrem günstig mit 45,- € pro Nacht ohne Frühstück. So günstig wird es nie wieder werden. Überhaupt wird das Thema Unterkunft uns noch SEHR stark beschäftigen, so sehr, dass wir zu extremen Mitteln greifen werden. Aber dazu später mehr. Jetzt bin ich einfach nur froh und stelle fest, es hängt auch das richtige Bild an der Wand.

Fahrrad im FlixBus
Bild an der Wand

Kaum haben wir die Sachen im Zimmer abgestellt, geht es wieder los. Wir haben Hunger und fragen nach dem nächstgelegenen Restaurant. Der Grieche um die Ecke, ist ca. 2 Kilometer entfernt. Wir nehmen das Fahrrad.

Das Essen ist lecker und der Wirt ist so wie es früher war. Er setzt sich zu den Gästen an den Tisch, plaudert mit ihnen und gibt einen (oder auch mal mehr) Ouzo aus. Das kenne ich nur von früher, damals hat so mancher Grieche für wirklich heftige Abstürze und lustige Abende gesorgt. Ich erinnere mich da an einen Griechen in Mariendorf… aber das ist eine andere Geschichte. In Berlin gibt es sie, glaube ich zumindest, gar nicht mehr.

Irgendwann fällt mein Blick auf die Serviette, die neben meinem Teller liegt. Perikles wird dort zitiert. Der war ja angeblich einer der beeindruckendsten Redner seiner Zeit. Von dem Zitat auf der Serviette verstehe ich überhaupt nichts? Was bedeutet das und wie passt das zum Essen? Schließlich ist es auf eine Serviette gedruckt?

Matthias versteht es auch nicht. Wir fragen den Wirt. Unglaublich aber wahr, er liest das Zitat, das auf JEDER Serviette aufgedruckt ist, die er JEDEN Abend seinen Gästen bringt, zum ERSTEN Mal. Und – noch unglaublicher aber auch wahr – er versteht es ebenfalls nicht. Er nimmt die Serviette und rennt zu seinem Kollegen hinterm Tresen.

„Der weiß es auch nicht,“ ruft er, „ab heute frage ich jeden Gast, mal sehen, ob es einer versteht.“ Dann drückt er mir noch zwei Servietten in die Hand. „Wenn du es heraus findest, sag mir Bescheid.“

Deshalb geht die Frage an euch, liebe Blogleser*innen. Was will uns der Grieche mit diesen Worten sagen und warum macht so etwas Sinn auf einer Serviette, mit der man sich nach dem Essen den Mund abwischt? Ich freue mich auf eure Kommentare.

Die griechische Serviette
Die griechische Serviette

Paare am Wegesrand

Diesmal sind es nicht die Paare, die uns begegnen, sondern wir beide sind das Paar, das unter Beobachtung steht 😉 Das ist immer gut, gerade in langjährigen Beziehungen und besonders dann, wenn eine neue Phase beginnt. Bei uns ist es so weit, die Kinder sind aus dem Haus!

Und was fällt mir schon gleich am ersten Tag, auf den ersten 10 Kilometern auf?! Wir kämpfen, wie alle Paare, die länger zusammen sind, darum wer bestimmen darf. Paartherapeutin hin oder her… wir sind genauso anfällig für Beziehungsdramen, wenn nicht sogar noch mehr als andere Menschen. Schließlich sind wir ständig mit dem Thema „Paarbeziehung“ beschäftigt.

Fakt ist, wenn ich vorne fahre und vor allem wenn ich mit Hilfe der App auch noch die Navigation übernehme, dann kann Matthias nicht von hinten bestimmen wollen. Ich entscheide, ob ich jetzt bremse und wie schnell ich fahre! Die Leitwölfin duldet kein Genörgel aus der zweiten Reihe. Mal sehen, wie das mit uns weitergeht.

Zahlen Daten Fakten

Tag 1 von Berlin bis Flensburg

  • 25,9 Kilometer
  • 20 Grad bewölkt
  • 102 Höhenmeter
  • 15,3 Durchschnittsgeschwindigkeit
  • 550 Kalorien
  • 1:44 Stunden Fahrzeit
  • 1 FlixBus
  • 0 Fahrradanhänger
  • 1 griechische Serviette
  • 2 Leitwölfe