Tag 11 Milah bis Walldorf – Fehlentscheidungen und die Lösung

Tag 11 Milah bis Walldorf – Fehlentscheidungen und die Lösung

7. September 2018 0 Von Manuela

Das Frühstück im grauen Schloss ist eine echte Überraschung. Es gibt alles, was wir die letzten Tagen vermisst haben. Obst, frische Eier oder Rühreier, Müsli, Gemüse, Vollkornbrötchen und frischen Käse… die Wurst ist es wohl nicht, aber das ist nicht mein Problem. Ich esse schon seit Jahren kein Fleisch. Dazu kommen noch selbstgemachte Marmeladen, neben der üblichen Erdbeer- und Aprikosenmarmelade auch Holunder- und Bananenmarmelade. Lecker!
Wir sind schon fast fertig mit dem Frühstück, da gesellt sich ein älteres Paar zu uns. Sie erzählen uns, dass sie eine Wanderung durch den Hainich machen und so erfahren wir, dass es hier sogar einen Urwald gibt. Schade, dass wir keine Zeit haben, ihn auch zu durchwandern, der Baumwipfelpfad hätte mich schon interessiert. Also müssen wir wohl nochmal herkommen.
Das Paar ist außergewöhnlich freundlich zueinander. Er sagt Liebling zu ihr und sie bedankt sich für das Brötchen, das er ihr mitbringt. Das ist wirklich selten bei älteren Paaren, vielleicht sind sie ja auch erst seit kurzem zusammen? Ich traue mich nicht zu fragen und freue mich einfach an der liebevollen Gesellschaft.

Milah bis Walldorf
Urwald am Grauen Schloss

Fehlentscheidung

Schon beim Frühstück kommt es dann zur ersten Fehlentscheidung des Tages. Wir haben die Möglichkeit den Rennsteig zu fahren, der aber einige Berge enthält oder am Werraweg weiter zu fahren. Wir entscheiden uns natürlich für den Werraradweg, schließlich ist er wunderschön und es hat gestern wirklich großen Spaß gemacht, auf ihm zu fahren. Mit dieser Entscheidung handeln wir uns einen Umweg von über 40 Kilometern ein. So etwas muss sich dann schon lohnen, indem der Weg und die Landschaft besonders schön sind.
Leider ist das nicht der Fall. Bereits nach kurzer Zeit führt der Radweg immer wieder an schlechten Straßen entlang, durch holprige Feldwege und vorbei an riesigen Kalibergwerken, die hier liebevoll Monte Kali genannt werden. Schön ist das alles nicht. Wenigstens gibt es keine schlimmen Höhenmeter zu erstrampeln.

Kartenlesen

Mittags fahren wir nach Vacha, obwohl es dafür keinen Grund gibt. Vielleicht ist es gut, über die Brücke der Einheit in die Stadt hinein zu fahren? Der Radweg geht eigentlich auf der anderen Seite der Werra weiter. Die Stadt selbst ist wie ausgestorben. Es gibt zwar einen Marktplatz aber keinen Markt und schon gar kein geöffnetes Restaurant.
Die Menschen, die wir danach fragen, meckern selbst darüber, dass es hier kein vernünftiges Restaurant mehr gibt. „Früher war alles besser“, sagt der bierbäuchige Mercedesfahrer.
Immerhin gibt es einen Imbiss, der geöffnet hat, drinnen riecht es unangenehm, draußen brennt die Sonne. Das Essen wäre ganz okay, wenn sie nicht den frischen Salat mit Mayonnaise erschlagen hätten.
 
Irgendwas scheine ich bei diesem Kartenlesen einfach nicht zu kapieren. Diese ständigen Umwege und die Sucherei gehen mir auf die Nerven.

Kartenlesen

Die zweite Fehlentscheidung

Es bleibt ziemlich warm an diesem Tag. Wir sollten heute wenn möglich bis Meiningen kommen, noch besser wäre Mellrichstadt. Aber diese Hoffnung gebe ich im Laufe des Tages auf. In Wernshausen gibt es eine Kaffeepause und wir suchen im Internet nach einem Hotel. Wir finden eins in der Innenstadt von Meiningen. Mit der Buchung haben wir die Garantie, dass wir auch dahin fahren. So war es bisher immer.
Leider mischt sich die Kellnerin ein und fragt, wo wir hinwollen. „Da habe ich einen tollen Tipp für sie“ sagt sie. Sie nennt uns eine vermeintlich tolle Unterkunft mit einem schönen Restaurant. „Das sitzt man sehr schön und ich bin auch häufiger dort“. Insider Tipps sollen ja wertvoll sein. 

Kurzerhand wird umgebucht. Das klappt auch reibungslos. Damit begehen wir die nächste Fehlentscheidung des Tages! Dabei hätten wir es wissen müssen, denn schon nach Wasbüttel hatten wir beschlossen, in keinem Ort mehr zu übernachten, der mit einem „W“ beginnt. Schließlich beginnt auch Worpswede mit einem „W“ – aber das ist eine andere Geschichte. Jetzt sind wir auf dem Weg nach Walldorf.

Bei unserer Ankunft ist es schon nach 19 Uhr und zunächst sieht alles gut aus. Wir werfen unsere Taschen ins Zimmer und gehen runter ins Restaurant. Dort sitzen wir einigermaßen gemütlich mit LKW- und Harley -Fahrern, die sich lautstark unterhalten. Wir blenden sie aus, denn für ein Gespräch sind wir definitiv zu müde. Über 120 Kilometer sind wir heute gefahren! Das ist bis jetzt unser Rekord – und er wird es auch bleiben.

Milah bis Walldorf
Ort mit „W“

Zimmer 3

Die Nacht verbringen wir auf der Straße, zumindest hört es sich so an. Wir haben Zimmer 3, ein Eckzimmer mit zwei Fenster, die beide zur Straße hinaus gehen. Eine vielbefahrene Fernfahrerstraße führt direkt am Haus vorbei. Stickig ist es auch, deshalb können wir nur bei offenem Fenster schlafen. Das Ergebnis dieser Kombination ist, dass die vielen LKW’s quasi über unsere Kopfkissen fahren, zumindest die Geräusche der LKW’s fahren über unsere Kopfkissen, auf dem natürlich unsere Köpfe liegen. Es wird eine kurze und schlafarme Nacht.
Beim Frühstück mit den LKW Fahrern erfahren wir dann auch, dass Zimmer 3 schon berühmt berüchtigt ist und die Männer grundsätzlich vermeiden dort zu schlafen. Kalt lächelnd haben sie uns ins offene Messer rennen lassen.

Die Lösung

Aber dann wird doch alles gut. Die Übernachtung bei den LKW’s soll sich noch lohnen. Wir erzählen mal wieder von unserer Radtour und berichten über die Quälerei bei der Suche nach den Radwegen. Und dann kommt es zu dem alles entscheidenden Satz:

„Holt euch doch die Komoot App!

Dieser einfach Satz aus sechs Wörtern wird DIE Lösung für fast alle unsere Probleme.
Wir sind klug genug und tun genau das. Wir holen uns die Komoot App und können uns schon bald kein Leben mehr ohne sie vorstellen. Es ist eine Navigation für Radfahrer, die keine Wünsche offen lässt. Sie sagt uns genau, welche Höhenmeter uns erwarten, schlägt uns den besten Weg vor und kennt wirklich ALLE Radwege, angeblich sogar weltweit. Ein Traum wird wahr und alles wird gut. Kein Blättern in den Radkarten mehr, kein verzweifeltes Suchen nach Radwegschildern, kein Fluchen weil es kein Netz gibt, kein Fragen nach dem Weg! JUHU!

Paare am Wegesrand

Heute ist unser 17. Hochzeitstag. Nicht der von Astrid und mir, sondern von meinem Mann und mir. Beim Aufwachen erhalte ich eine Nachricht mit einem Foto von blühenden roten Rosen aus unserem Garten mit liebevollen Grüßen. Schön.
Wir sind auch so ein besonderes Paar. Obwohl es erst unser 17. Hochzeitstag ist, sind wir schon seit 22 Jahren Eltern. Zwischendurch waren wir drei Jahre lang getrennt, aber das ist lange her und wir haben die Wiedervereinigung sogar mit einem weiteren Kind von einem anderen Mann geschafft. 
Wie zur Bestätigung finde ich beim Frühstück diese Kiwi auf dem Teller.

Hochzeitstag in Walldorf
Hochzeitstag

Zahlen Daten Fakten

11. Tag von Milah nach Walldorf

  • 18 – 32 Grad
  • 121,94 Kilometer! Längste Strecke
  • maximale Geschwindigkeit 38 Kmh
  • durchschnittliche Geschwindigkeit 17,1 Kmh
  • 350 Höhenmeter
  • 1 neue App